OK-Newsletter: Fragen und Antworten zur Corona-Impfung
Sehr geehrte Damen und Herren!
Liebe Freundinnen und Freunde!
Es gibt wenig, was die Gemüter derzeit ähnlich erhitzt, wie die tagtäglichen Wendungen und oft widersprüchliche Meldungen rund um die Corona-Impfung. Die Impfungen sind unser „Licht am Ende des Tunnels“. Aber dieses Licht scheint noch weit entfernt zu sein und es gibt viel Unklarheit und Sorge. Mich haben in den letzten Tagen viele Nachrichten und Fragen zur aktuellen Situation erreicht. Mit diesem Newsletter möchte ich zur Versachlichung der Debatte beitragen und zentrale Fragen im Hinblick auf die Rolle der Europäischen Union beantworten.
Unser gemeinsames Ziel, bis zum Sommer 70 Prozent der Bevölkerung zu impfen, können wir nur erreichen, wenn wir auf allen Ebenen entschlossen, abgestimmt und gemeinsam handeln. Schuldzuweisungen und parteipolitisches Hickhack bringen uns dabei nicht weiter. Wir müssen nach vorne schauen und dafür sorgen, dass wir so viele Menschen wie möglich so rasch wie möglich impfen. Die Corona-Krise zeigt uns einmal mehr: Gemeinsame Herausforderungen bewältigen wir nicht mit nationalen Alleingängen und gegeneinander, sondern nur solidarisch und mit mehr Zusammenarbeit. Jeder Einzelne ist gefragt, Verantwortung zu übernehmen und auf sich und damit seine Mitmenschen zu achten. Denn die Europäische Union – das ist niemand anderer als wir alle.
Ihr Othmar Karas
Was tut die EU für die Impfstoffforschung?
Die Entwicklung mehrerer Impfstoffe in Rekordtempo ist ein europäischer Erfolg. Durch das Bündeln gemeinsamer Kräfte ist es gelungen, in einem Rekordtempo von 10 Monaten mehrere wirksame und sichere Impfstoffe größtenteils in Europa zu entwickeln und zu produzieren. Wussten Sie zum Beispiel, dass die EU mehr als 2,7 Milliarden Euro im Rahmen des Soforthilfeinstruments und der EU-Impfstoffstrategie zur Forschung von Corona-Therapien und Impfstoffen, sowie der Sicherstellung der Produktion von Impfstoffen bereitgestellt hatte? Die Entwicklung der Impfstoffe von BioNTech/Pfizer und AstraZeneca hatte bereits Anfang des Jahres 2020 von Forschungsförderungen des EU-Programms Horizon2020 in Höhe von 660 Millionen Euro profitiert.
Als Reaktion auf auftretende Corona-Mutationen hat die EU-Kommission letzte Woche einen breit angelegten Austausch mit den Impfstoffherstellern gestartet, um fortwährend an der Weiterentwicklung der Impfung zu forschen und falls nötig rasch reagieren zu können.
Die gemeinsame Impfstoff-Beschaffung war und ist der richtige Weg. Im vergangenen Sommer koordinierte die EU-Kommission die Verhandlungen und stellte mehr als zwei Milliarden Euro für Abnahmegarantien bereit. Das geschah zu einem Zeitpunkt, an dem uns noch nicht klar sein konnte, welche Impfstoffkandidaten die dritte Studienphase erfolgreich beenden würden. Durch die gemeinsame Ausschreibung und die Verhandlungen im Namen aller 27 Mitgliedstaaten konnten bessere Kauf-Konditionen erreicht werden, als es einzelne Mitgliedstaaten alleine erzielen hätten können. Davon profitieren alle Mitgliedstaaten, auch Österreich.
Ist die Impfstoffzulassung wirklich „zu bürokratisch“?
Dem Zulassungsprozess der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) wird oft Schwerfälligkeit und Bürokratie vorgeworfen. Das geht an der Realität vorbei. Um die Sicherheit eines Impfstoffes bei der Zulassung vollständig zu gewährleisten, dauert diese zwar eventuell etwas länger, sie ist aber gründlicher und umfassender. Den Zulassungsprozess auf politischem Wege beschleunigen zu wollen, wäre fahrlässig. Die EMA ist die strengste Zulassungsbehörde der Welt. Als unabhängige Behörde entscheidet sie alleine auf Basis wissenschaftlicher Fakten. Denn das Vertrauen in einen sicheren und umfassend geprüften Wirkstoff ist ein hohes Gut und entscheidend für die Akzeptanz in der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung.
Warum sind ein paar andere Staaten schneller beim Impfen?
Hier dürfen wir nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Im Gegensatz zur EU haben die Gesundheitsbehörden in den USA, Großbritannien und anderen Ländern Notfallzulassungen für die Impfstoffe erteilt. Noch bevor die Sicherheitsdaten vollständig ausgewertet waren, durften Ärzte den Impfstoff einsetzen. Damit übernimmt zum Beispiel die britische Regierung die Haftung für die Verträglichkeit und Sicherheit des Impfstoffes. Das ist eine Abkürzung, die Zeit spart, aber große Risiken birgt. Mit einer EMA-Zulassung bleibt dagegen der Hersteller in der Verantwortung einen sicheren, wirksamen und gut verträglichen Impfstoff zu liefern.
Auch der Vergleich mit Israel hinkt: Die israelische Regierung hat sich vertraglich verpflichtet, höchstpersönlicheGesundheitsdaten geimpfter Personen mit dem Pharmaunternehmen Pfizer zu teilen. Das ist ein Ansatz, der mit unserem europäischen Verständnis von Datenschutz in krassem Widerspruch steht.
Was tut die EU gegen die Lieferverzögerungen einzelner Hersteller?
Die EU-Impfstrategie sieht die Streuung des Risikos auf mehrere Impfstoffe bzw. Impfstoffkandidaten vor. Die EU-Bestellungen umfassen weit mehr als die gesamte EU-Bevölkerung und fußen einstweilen auf sechs Herstellern (zwei weitere sollen folgen). Es ist nachvollziehbar, dass ein beispielloses Hochfahren der Produktion eine Herausforderung ist, doch die Lieferverzögerung mehrerer Firmen sind keinesfalls schönzureden. Die Impfstoffentwickler haben von der EU mehrere Milliarden Euro erhalten, um die Produktionen aufzubauen und mit der Bevorratung von Impfstoffen zu beginnen, noch bevor die Zulassung erteilt wurde. Sie müssen die vertraglich eingegangenen Verpflichtungen einhalten.
In den letzten Tagen konnte die Europäische Union gemeinsam wichtige Fortschritte im Kampf gegen die Impfstoffknappheit erreichen:
- BioNTech/Pfizer kann nach einer Produktionsumstellung bis März letztlich mehr Dosen als ursprünglich angenommen liefern (ca. 200.000 zusätzliche an Österreich). Durch Kooperationen zwischen Pharmafirmen können zwei weitere Anlagen in Deutschland im Februar die Produktion des BioNTech-Impfstoffs aufnehmen. Dadurch werden im zweiten Quartal bis zu 75 Millionen Dosen mehr an die Europäische Union geliefert.
- Diese Art der Produktionskooperation wird auch im Falle von AstraZeneca intensiviert, sodass temporäre Lieferengpässe schneller gemeinsam überwunden werden und die Produktionskapazität in Europa ausgebaut wird. Auf Druck der EU-Kommission hat AstraZeneca erklärt, im ersten Quartal knapp 30 Prozent mehr Impfstoff zu liefern, als letzte Woche angenommen.
- Um eine gemeinsame Antwort auf die einseitigen Exportstopps der USA und Großbritannien zu finden, hat die EU-Kommission eine Exportkontrolle von Impfstoffen umgesetzt. Diese sogenannte “Ausfuhrgenehmigungspflicht“ wird es ermöglichen, Exporte von Corona-Impfstoffen aus der EU zu überwachen, um bei Lieferengpässen besser und schneller reagieren zu können.