Demokratie

Polens Disziplinierung von Richtern verstößt gegen EU-Recht

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Luxemburg/Warschau/Brüssel (APA/AFP/dpa) – Polen verstößt mit einem zentralen Teil seiner Justizreformen gegen EU-Recht. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg urteilte am Donnerstag, dass Polen mit der neuen Disziplinarordnung für Richter „gegen seine Verpflichtungen aus dem Unionsrecht verstoßen hat“. Unter anderem biete die neu geschaffene Disziplinarkammer „nicht alle Garantien für Unabhängigkeit und Unparteilichkeit“.
In einer ersten Reaktion wies die nationalkonservative PiS-Regierung das Urteil schroff zurück. Dies sei nicht die Kompetenz der EU, schrieb Polens Vize-Justizminister Sebastian Kaleta auf Twitter.
Die EU streitet seit Jahren mit Warschau über die Justizreformen der rechtsnationalistischen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS). Unter anderem geht es dabei um die 2018 neu geschaffene Disziplinarkammer des Obersten Gerichts, die für Disziplinarverfahren gegen Richter zuständig ist und diese beispielsweise auch suspendieren kann.
Nach Auffassung der EU-Kommission ist die Unabhängigkeit dieser Kammer fraglich, da ihre Mitglieder vom politisch kontrollierten Landesjustizrat ernannt werden. Brüssel hatte deshalb Klage in Luxemburg eingereicht. Der EuGH gab der Kommission nun Recht. Die Kammer sei „nicht unempfänglich“ für Einflussnahmen durch das polnische Parlament und die Exekutive, erklärte das Gericht.
Ausgewählt werden die Mitglieder der Disziplinarkammer vom Landesjustizrat. Dieser soll eigentlich die Unabhängigkeit der Richter garantieren. Früher hatten in ihm Richter die Mehrheit, die von anderen Richtern gewählt wurden. Doch seit der PiS-Justizreform Ende 2017 werden die Mitglieder des Gremiums vom Sejm gewählt.
Da der EuGH eine Vertragsverletzung festgestellt hat, müsste Polen nun eigentlich Schritte einleiten, um diese zu beenden. Doch die Regierung in Warschau zeigt sich unnachgiebig. „Der EuGH stellt Rechtsvorschriften infrage, die bei Polens Eintritt in die EU galten“ schrieb Vize-Justizminister Sebastian Kaleta auf Twitter. Das System der Richterernennung sei das gleiche wie in Spanien, in Deutschland würden sogar Politiker die Richter wählen.
„Es ist eine erschreckende, dramatische Eskalation, die hier in Polen stattfindet“, erklärte der Vizepräsident des Europaparlaments Othmar Karas (ÖVP) in der „Zib“. Die polnische Regierung betreibe eine Politik gegen die europäische Gemeinschaft und die eigenen Bürger, weil „zwei Drittel der Polinnen und Polen sind für diese Gemeinschaft“.

 

 

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