Karas: „Allerhöchste Eisenbahn, den Scheinwerfer auf Steuertrickser zu richten“
Brüssel. „Noch immer gehen in der EU pro Jahr sagenhafte 825 Milliarden Euro an potenziellen Steuereinnahmen durch Steuerflucht, Steuerbetrug und Steuervermeidung verloren. Die jüngsten „OpenLux“- Enthüllungen reihen sich in die lange Liste haarsträubender Steuerskandale ein – von den Lux-Leaks über die Panama-Papers bis hin zur FinCEN-Affäre. Das zeigt wieder einmal, wie dringend eine verstärkte Zusammenarbeit in Steuerfragen ist – gerade in Corona-Zeiten. Es ist allerhöchste Eisenbahn, dass die Mitgliedstaaten ihre beinahe fünfjährige Blockade der öffentlichen Steuertransparenz multinationaler Unternehmen für jedes Land der Geschäftstätigkeit aufgeben“, sagt Othmar Karas, Vizepräsident des Europaparlaments und Vizevorsitzender des Steuerausschusses, in dem heute Anhörungen zu den Steuerskandalen stattfinden.
„Es ist ungerecht und unfair, wenn manche große Firmen ihre Gewinne nur aus Gründen der Steuervermeidung von einem Land ins andere verschieben. Unsere Klein- und Mittelbetriebe haben diese Möglichkeit meistens nicht. Daher will das Europaparlament, dass Konzerne und andere Großunternehmen mit einem Nettoumsatz ab 750 Millionen Euro für jedes Land einzeln ihre Geschäftstätigkeit offenlegen. Wenn große Unternehmen enthüllen, wie viel Umsatz, Gewinn und Mitarbeiter sie in jedem Land ihrer Geschäftstätigkeit haben und wie viel Steuern sie dort zahlen, dann fallen Steuertrickser auf. Auf sie müssen wir den Scheinwerfer richten. Das Europaparlament ist seit Mitte 2017 verhandlungsbereit und wartet auf die Position der Mitgliedstaaten“, sagt Karas.
„Die Offenlegung der Geschäftstätigkeit für jedes Land funktioniert, das haben wir bei der Bankenregulierung bewiesen, die ich als Chefverhandler des Europaparlaments federführend mitgestaltet habe. Schon im ersten Jahr der länderspezifischen Berichtspflicht ist ans Licht gekommen, dass europäische Banken 628 Millionen Euro Gewinne in Staaten lukriert haben, in denen sie keine einzige Person beschäftigen“, sagt Karas. „Die öffentliche Berichtspflicht löst das Problem der Steuervermeidung zwar noch nicht. Doch sie hilft dabei, zu verstehen, wo man ansetzen muss, um den Steuertricksern das Handwerk zu legen. Der EU-Ministerrat am Donnerstag muss jetzt endlich grünes Licht geben.“